Karl Heinz Bohrer, ‘Kohlhaas’ Rache. Statt moralischer Disput, literarische Intensität’

Abstract

Die Frage, von der ausgegangen wird, heißt, ist Michael Kohlhaas der Repräsentant eines moralischen Paradox: Einerseits radikaler Kämpfer gegen das Unrecht, andererseits dabei selbst dem Unrecht verfallend? Die Relevanz dieser moralphilosophischen Thematik, die Friedrich Schiller schon in seinem Drama „Die Räuber“ behandelte, wird zum einen an Kleists Darstellung der tödlichen Rechtswidrigkeiten von Oberschicht und Staat gegen Kohlhaas, zum andern an der Darstellung von Kohlhaas‘ Rachefeldzug gegen die korrupte Gesellschaft geprüft. Wenn sich Kohlhaas‘ Rache zum apokalyptisch-chiliastischen Zeichen steigert, scheint sich das moralische Paradox des verirrten Weltverbesserers zu bestätigen. Aber diese Perspektive wird durch Kleists Stil und Darstellungsform korrigiert, weil die Analyse einer Selbstliebe im Namen von Pflicht und Sittlichkeit (Kant) durch die Emphatisierung der „Seele“ als ein unenthüllbares Organon der Existenz überboten wird.

Biography

Karl Heinz Bohrer is Professor emer. for Literature. He studied History, Philosophy, German literature, and Sociology. In 1962 he completed his studies with a doctoral thesis on the Geschichtsphilosophie of the German Romantics at the University of Heidelberg, followed in 1978 by a Habilitation at the University of Bielefeld with a study on the early works of Ernst Jünger. Until 1974, Bohrer was literary editor of the Frankfurter Allgemeine Zeitung, thereafter he worked for the same paper as a foreign correspondent in London. The Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung awarded him its Johann Heinrich Merck Prize for his London essays. In 1982 he was appointed Professor for Modern German Literary History at the University of Bielefeld and in 1983 he succeeded Hans Schwab-Felisch as editor of Merkur. The recipient of the 2007 Heinrich-Mann Prize now lives in Paris and London. Among his many publications are Granatsplitter (2012); Selbstdenker und Systemdenker (2011); Das Tragische (2009); Großer Stil (2007); Temporalität und Form (2004) and Imaginationen des Bösen (2004).

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